Zusammenhang von Kausystem und Bewegungsapparat

Über Ästhetik wird heute in der Zahnmedizin viel diskutiert. Ästhetik und Funktion-nicht nur die Zähne-bilden eine Einheit, die als Ganzes betrachtet werden sollte(1).
In diesem Artikel wird auf den Zusammenhang des gesamten Bewegungsapparates mit dem Kausystem eingegangen.

Dabei werden skeletale und dentale Problemstellungen und ihre Auswirkungen auf das Kausystem und den Bewegungsapparat erläutert. Viele dieser Zusammenhänge gelten als „alternativmedizinisch“und finden in der klassischen Schulmedizin wenig Beachtung.
Zusammenhänge zwischen Atmung, Körperhaltung und Kauorgan wurden in der Literatur schon seit längerem beschrieben(2). Im täglichen Umgang mit dem Patienten steht für den Zahnarzt der Ersatz fehlender Zahnsubstanz im Vordergrund. Dabei ist es in der zahntechnischen Herstellung des Zahnersatzes notwendig eine möglichst exakte Übertragung der vom Zahnarzt am Patienten genommenen Registrate in ein Simulationsgerät (Artikulator) vorzunehmen. Es werden Gipsmodelle der Zähne angefertigt, welche in einer dreidimensionalen Orientierung gegenüber gewisser Referenzlinien im Artikulator montiert werden. Werden zusätzlich zur Horizontalebene weitere Hilfslinien wie die Bipupillar- sowie die Kommissurenlinie, eher selten auch der Verlauf der Schultern eingezeichnet, so lassen sich manchmal Halteschäden erkennen. Es stellt sich die Frage, ob dieses Missverhältnis anatomisch bedingt ist oder duch mangelhafte prothetische Versorgung verursacht wird.
Das Skelett lässt sich in die Wirbelsäule, den Atlas-, den Schulter-, den Hüft- und den Kniebereich unterteilen, die in einem Zusammenhang miteinander stehen. Fehlstellungen der Zähne bzw. unzureichender Zahnersatz verursachen eine muskuläre Kompensation. Eine einseitige Infraokklusion verursacht eine Neigung des Kopfes .Der Blick wird „schief“. Das Gleichgewichtsorgan sowie die Augen und somit das Gehirn vermitteln dem Patienten jedoch, dass er gerade schauen soll. Dann versucht der Patient, den Kopf senkrecht zur Wirbelsäule auszurichten. Da wir muskulär im gesamten Skelett verbunden sind, werden seinen Schultern unbewusst dieser Bewegung folgen. Nun beobachtet man auch, dass das Bein zu kurz ist . Damit stellt sich die Frage, ob das Bein zu kurz ist und durch einen falschen Biss verursacht wird. Besteht also das Problem im Kopfbereich und wirkt nach unten oder besteht das Problem im Beinbereich und wirkt nach oben? Eine weitere Frage ziehlt darauf ab, ob hier ebenfalls innere Organe, Bakterien oder andere Ursachen die Mitverantwortung für eine solche Körperhaltung tragen. Der Mensch muss als Einheit betrachtet werden(3). Ist der Patient in Bewegung, kann er an den vier zuvor beschriebenen Stellen( Atlas,Schultern,Hüfte,Knie) eventuelle Haltungsschäden kompensieren. Im Sitzen dagegen ist der Patient lediglich in der Lage, mit Schulter und Atlas zu kompensieren.
Betrachtet man den Patienten unter diesem Gesichtspunkt, dann wird klar wie schwierig es sein muss, eine entsprechende Bissregistrierung bei ihm vorzunehmen.Wir stellen uns normalerweise ein ebenmäßig idealisiertes Bild des Skeletts vor. Was aber passiert aber, wenn genau dieses theoretische Idealbild nicht erfüllt wird? Es gibt viele Ursachen für Asymmetrien welche bei der Aufnahme der Anamnese angesprochen werden sollten: ein Sturz im Kindesalter, Gelenkproblematiken, Probleme im Bereich der Hüfte oder mit den Bandscheiben, Verspannungen im Genick, Organerkrankungen usw.
In der Zahnarztpraxis werden fehlerhafte Körperhaltungen im Kopf- und Schulterbereich beurteilt. Erkennt man eine Fehlerhaltung, ist es sicherlich nicht mehr die Aufgabe des Zahnarztes das genaue Krankheitsbild zu diagnostizieren oder zu therapieren. In solchen Fällen ist es indiziert, einen Physiotherapeuten oder Osteopathen zur Beratung und Behandlung heranzuziehen. Normalerweise müssen solche Patienten über eine Schienentherapie sowie begleitend durch einen Physiotherapeuten und/oder Osteopathen erst einmal wieder in einen stabilen ausgeglichenen Zustand gebracht werden. Es ist in der Literatur belegt, daß eine pysiotherapeutische Behandlung die natürliche Kopfhaltung verbessern und den Bruxismus reduzieren kann(4).
Bei der schädelbezüglichen Registrierung stellt sich die Frage nach der richtigen Körperhaltung bzw. der richtigen Sitzposition des Patienten während der Erstellung des Bissregistrates. Damit verbunden ist die Fragestellung der Aufzeichnung von Gelenksbahnen etc. In wieweit können wir bei vorhandenen Fehlhaltungen sicher sein, dass die gefundenen Werte nicht pathologisch sind? Die Fehlerquellen können vielseitig sein, wenn dies Faktoren nicht beachtet werden.

Literatur

(1)The European Journal of Esthetic Dentistry Jahrgang 6 Nummer 4 Winter 2011 438-462
(2)Slavicek R. Das Kauorgan. Klosterneuburg: Gamma, 2000: 199-267
(3)Bahnemann F. Anthropologische Grundlagen einer Ganzheitsmedizin: Heidelberg: Haug Verlag, 1992
(4)Quintero Y, Restrepo CC, Tamayo V, et al. Effect of awareness through movement on the head posture of bruxist children. J Oral Rehabil 2009;36:18-25